Interview mit Dejan Pejic
Welcher Zeitraum für die Marktreife in Europa ist realistisch?
„Die (Wunsch)Prognosen der am Projekt beteiligten Unternehmen gehen von einer Serienreife 2025 aus. Ich persönlich halte das für zu ambitioniert. Aus meiner Sicht wäre frühestens in 5 Jahren mit einer Marktreife und mit ersten Zügen zu rechnen, wobei in der Anfangsphase sicherlich erstmal nur einzelne, in sich geschlossene Zugsysteme im Ganzzugverkehr damit ausgestattet werden. Sofern von der EU keine Deadline vorgegeben wird, die eher zeitlich eng bemessen ist, wird eine flächendeckende Umrüstung viele Jahre, sogar Jahrzehnte, in Anspruch nehmen. Und diese Übergangsphase, wo beide Systeme parallel laufen, wird die Unternehmen vor große Herausforderungen stellen.“
Welche Vorteile ergeben sich für WLC bei Einsatz der DAK?
„Wäre das System jetzt schon voll etabliert und wir würden über das entsprechend ausgerüstete Rollmaterial (Loks und Wagen) verfügen, dann wäre der größte Vorteil sicherlich darin, dass wir höhere Lasten ziehen könnten. Nach derzeit vorliegenden Daten liegt die Sollbruchstelle der Kupplung bei 1800 kN. Damit wären deutlich höhere Zugkräfte als bei der derzeitigen Standardkupplung (850 kN) möglich. Ein weiterer großer Vorteil wäre sicherlich auch die permanente Zustandsüberwachung der Fahrzeuge durch Telematiksysteme und Sensoren. Damit könnten mögliche Beladefehler (Ladung verschoben oder zu schwer), technische Störungen (feste Bremse) oder Verschleißerscheinungen frühzeitig erkannt und vermieden werden. Das würde erheblich zu einer Reduktion der betrieblichen Störungen und des dazugehörigen Aufwands für die Regulierung führen, würde helfen Kosten zu sparen und die betriebliche Sicherheit zu erhöhen.“
Verschub ohne Personal – ein Beruf am Aussterben?
„Ein Verschub ohne Personal wird nur bedingt möglich sein. Aber das ist heute auch schon der Fall. Fallweise gibt es Bereiche, wo ferngesteuerte (Verschub)Lokomotiven zum Einsatz kommen und die Verschubtätigkeiten von nur einer Person durchgeführt werden. Diese Person übernimmt das Kuppeln der Fahrzeuge und das Bewegen der Lokomotive per Funkfernsteuerung. Der große Nachteil ist, dass sich diese Person bei Verschubfahrten immer an der Spitze befinden und daher große Wege zu Fuß zurücklegen muss, was die Durchlaufzeiten des Verschubprozesses deutlich erhöht. Für einzelne Wagenbeistellungen und Bedienungen von Anschlussbahnen kann das sinnvoll sein. Für einen permanenten Verschubbetrieb ist das nicht umsetzbar.
Ähnlich gelagert ist es auch im Falle des permanenten Verschubbetriebes mit der DAK. Bei derzeitigen Testfahrzeugen ist es so, dass das Trennen der einzelnen Wagen nur an der betroffenen Stelle über einen Drucktaster erfolgt. Damit muss beim Trennen immer jemand vor Ort sein. Im Endstadium wird es wohl so sein, dass das Trennen an jeder beliebigen Stelle von der Lokomotive aus möglich sein wird. Bei einem 700 m langen Verschubteil könnte das u.U. sicherheitskritisch sein. Beim Zusammenfahren von Verschubteilen muss zwar niemand kuppeln, aber es muss immer jemand an der Spitze sein und die Lokomotive per Funk anweisen (heransprechen). Dasselbe trifft auch auf geschobene Verschubteile oder fertig gebildete Züge, die beispielsweise ins Terminal geschoben werden müssen. Und das ist auch eine Aufgabe des Verschubpersonals.“